Mantren und Musik
aus Indien
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Am Berg, neue Erfahrungen

Veröffentlicht am 03.10.2012

Sitz also wieder mal am Tisch am Freisitz, schreibe so vor mich hin und mein Blick schweift hinüber auf den Wald mit dem lichten Pfad in Richtung Himalaya View Point hinauf

 Sitz also wieder mal am Tisch am Freisitz, schreibe so vor mich hin und mein Blick schweift hinüber auf den Wald mit dem lichten Pfad in Richtung Himalaya View Point hinauf. Am unteren Rand meines Blickfeld des ist das dichte dschungelartige Gestrüpp zu sehen, welches dann langsam sich lichtend, den Blick auf den schmalen Trampelpfad freigibt, der den hohen schlanken Pinien zustrebt, um dann in einer sanften Rechtsbiegung sich dem Grat nähert, der zu diesem Aussichtspunkt führt. Im Gestrüpp bewegt sich etwas, zuerst sehe ich nur immer wieder Äste und Zweige wackeln und dann sticht aus dem satten Grün etwas Weißes hervor. Ja gibt es denn auch weiße Leoparden denke ich mir zuerst und schaue dann genauer hin. Neben den weiß ist noch etwas Zweites zu erkennen, dunkelbraun, hüpfend und springend wie eine Feder.

Die beiden Gestalten haben inzwischen das Dickicht verlassen und zu meiner Überraschung sehe ich Lisl und Hanish Schritt für Schritt über die Lichtung aufsteigen, um nach den hohen Pinien hinter dem Grad zu verschwinden. Jetzt bin ich platt.

Zweieinhalb Stunden später kommen die beiden zurück, Lisl zwar erschöpft aber doch unheimlich glücklich. Nach vielen vielen Jahren ist sie das erste Mal wieder auf einen Berg gegangen. Keinen sehr hohen zwar, aber doch aufgrund des schwierigen Geländes eine beachtliche Leistung. Ich habe mit Kesar dann den Abstieg auf Video und in Fotos festgehalten. Ja und neidisch war ich auch, irgendwie hätte ich mir das im Moment nicht zugetraut. Aber jetzt war ja der Ehrgeiz geweckt.

Wie üblich, wenn Hanish eine Kamera in Händen hat, wurde oben geknipst und gefilmt was das Zeug hält. An ihm ist wirklich ein Regisseur, ein Kameramann, ein Produzent verloren gegangen. Hanish filmte oben gestellte Szenen mit Lisl, Interviews in denen sie auf Deutsch und auf Englisch die Vorzüge von regelmäßigen Yoga schildern sollte, Hanish entwarf schon einen ganzen Werbefilm in seiner Fantasie, erklärte uns welche Musik im Hintergrund laufen müsste, und wo er als Yogi noch ins Szene gesetzt gehört.

Seit diesem Tag sind die beiden zumindest einmal jeden Tag dort nach oben, die Trittsicherheit des weißen Leoparden wurde von Tag zu Tag besser, alles nur noch Routine. Wie es sich bei jedem Berg gehört bekommen Erstbegehungsrouten einen eigenen Namen, und schließlich war dies eine Erstbegehung, die erst Begehung des Berges hinter dem Eco-Camp durch einen an MS erkrankten Menschen. Lisl kommt aus Peiss, in Oberbayern, unseren heimischen Bergen gar nicht so weit entfernt, und so gab ich der Route den Namen Peisser-Steig. Eine weitere Variante, die etwas weiter am Grat entlang führt heißt seit ihrer ersten MS-Begehung nun MAYR-Quergang.

Dem Gipfel die Krone aufgesetzt hat Liesel, als sie am vorletzten Tag noch spät nachmittags mit Hanish Aufstieg, weil unser Kameramann sich blendende Sicht auf die im Sonnenuntergang leuchtenden Eisriesen versprach. Aus dem Leuchten und den Riesen wurde zwar nichts, Hanish beschloss zu warten und zu warten, aber es tat sich nichts, außer dass sich wie üblich um die Zeit sehr schnell das Dunkel der Nacht über Täler und Berge legte. Unten machten wir uns schon Sorgen wo die beiden nur blieben. Kesar, Raju, Raku, Bopu und ich starrten gebannt auf die im Dunkeln kaum mehr zu erkennende Abstiegsroute. Dann plötzlich ein schwaches flackerndes Licht, das Licht einer kleinen Taschenlampe. Dann konnte man klar erkennen, nicht Hanish half stützend Lisl, sondern umgekehrt. Lisl hatte festes Schuhwerk, war inzwischen trittsicher wie eine Kaschmir Ziege, Hanish dagegen hatte wie immer nur seine Badelatschen an und das machte ihm im Dunkeln auf dem zum Teil rutschigen Boden doch einige Probleme. Wie alle schweren modernen Routen auch hier der Name: „White Angel“ der Hilfe Lisl’s gewidmet.

Eine genaue Beschreibung der Route und ihrer Schwierigkeiten kann ich nun selbst gut abgeben, da ich 10 Tage später mit Raju hochging aber ich verzichte hier erstmal darauf, jeder kanns dann ja später mal im Routenführer des DAV /Deutscher Alpenverein nachlesen falls er diese Tour plant.

Auch ich war unheimlich glücklich als ich oben war, genoss es, blieb fast 4 h auf diesem wunderschönen Aussichtspunkt, meditierte, der einsam dort im Walde lebende Baba kam mal kurz vorbei, wir redeten indem wir nicht redeten sondern schwiegen und die immer wieder aus den Wolkenbänken hervorblitzenden Eisriesen anschauten.

Nanda Devi sei gegrüßt und gedankt.

Kesar schickte dann Gorub seinen Sohn hoch um mir anzubieten mir das Mittagessen dort hinaufbringen zu lassen, ich lehnte aber ab, eine Flasche Wasser war genug.

der Abstieg ging eigentlich anfangs auch wunderbar, fast leichtfüßig, ich hatte ja meine beiden Stecken dabei, So-Ham, So-Ham, war das begleitende, Sicherheit gebende Mantra, nur auf dem allerletzten Teilstück, dort wo der Weg zum Teil nur 30 oder 40 cm breit sich durch das dichte Buschwerk windet, dort wo rutschiger Kies und Geröll und freistehende Wurzeln jeden Tritt schwer machen, da war ich mit Weisheit und Mut am Ende.

Raju lachte, schmiss mich mit Elan auf seinen Rücken und trabte Barfuß den Rest mit mir auf seinen Schultern ins Camp.

Ja Raju, auch so ein Engel hier, einfach von Bildung und Gemüt, aber riesengroß im Herzen. Sein Englisch ist mager, sehr mager sogar, aber unsere Gespräche, vor allem seit ich allein hier bin, werden immer intensiver und er lernt schnell.

Da alle zu ihm ja YOU sagen wenn sie etwas wollen

„can YOU bring me this or that“, ist für Raju klar: er ist You.

wenn er also am Abend heimgeht sagt er mir YOU go home, wenn er ins Dorf geht sagt er YOU go Dhaulchina. Hab gebraucht bis ichs verstanden hab.

Und da ich ja normalerweise sage „i would like this or that, bin ich der „I“ für ihn. Als er mir dann klarmachen wollte dass er mit mir wieder auf den Berg will klang das so: You go i go himalaya Trekking. Und als er mir sagte dass mich seine Schwester, die mit Spitznamen PINKY heißt, gut findet und mag, kam das raus: You Sister Pinky I like. Muss man auch erst verstehen, aber klappt, immer besser, den Unterschied von I und You haben wir heute endgültig geklärt, zum Erstaunen aller anderen weiß er jetzt, dass er bezogen auf sich I ist und nicht You und dass dann eben ich der YOU bin.

So komm ich doch noch zu meinem Sprachkurs hier, wollte mit Lisl Sanskrit oder wenigstens Hindi lernen, hat nicht geklappt, sie war zu faul oder hatte keine Lust oder höchsten mit Hanish, na und so lern ich halt jetzt Raju Englisch und er mir die Geheimnisse bezüglich der Verliebtheit eines jungen Berglers im Himalaya zu seiner Angebeteten im Dorf, derentwegen er sich heute sein ganzes T-Shirt mit meinem Rasierwasser eingesprüht hat bevor er nach Dhaulchina ging. Letzte Woche wäre er noch gekommen zu mir mit You go Dhaulchina

Heute wars I go Dhaulchina da waren wir beide stolz

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