Mantren und Musik
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Einmal Delhi und zurück

Veröffentlicht am 14.10.2012

Die Nacht vor Lisl’s Abreise gehört noch einmal und nicht zum letzten mal dem Monsun, der sich nicht so leicht geschlagen geben will. Wie aus Kübeln fällt die schwere Feuchte, die sich aus indischem Ozean und arabischem Meer bis hier hoch in die Berge des Kumoan gekämpft hat auf uns hernieder. Blitze und Donner ..............

Die Nacht vor Lisl’s Abreise gehört noch einmal und nicht zum letzten mal dem Monsun, der sich nicht so leicht geschlagen geben will. Wie aus Kübeln fällt die schwere Feuchte, die sich aus indischem Ozean und arabischem Meer bis hier hoch in die Berge des Kumoan gekämpft hat auf uns hernieder. Blitze und Donner, fast zeitgleich, erschüttern Wände, Türen und Fenster, das Prasseln der schweren, Kirschgroßen Tropfen hallt durch die schieferbedeckten Dächer, es ist schön sich in die großen wollenen Decken zu kuscheln und sich vom Mantra mäßigen Klang des Regens in den Schlaf wiegen zu lassen.

Am nächsten Morgen immer noch leichter, schleierartiger Regen, Eco Camp direkt in der Wolke, und dann wirklich untypisch, un-indisch, der Taxifahrer eine Stunde früher da als bestellt.

Die Fahrt dann wenig aufregend, ständig leichter Regen, keine wirklich gute Sicht, und so kann Lisl weder von der Anreise (schlafbedingt) noch von der Rückfahrt allzu viele Eindrücke mitnehmen. Ab und an mal Wasserfälle die direkt auf unsere Fahrbahn donnern, ab und an mal gurgelnde schäumende Wildwasser, meist aber Nebel, Wolken, Regen.

In Kathgodam sind wir dann viel zu früh für den Zug und so gehen wir noch Essen, auch hier die Toilette wieder ein Ort der Überwindung.

Bis zum richtigen Abteil zu kommen noch mal anstrengend und dann sitzen wir in einem Zugabteil, sauber runtergekühlt auf 15 Grad und frieren uns den Arsch ab. Lisl besteht noch einmal eine Mutprobe im Zug, sie besucht die Toilette, was schon mutig an sich war und setzt sich beim Verlassen auch noch resolut gegen 30-40 herein und heraus drängende Fahrgäste anderer Klassen durch. Ja beim Einsteigen und Aussteigen und beim Kampf um einen Sitzplatz, sei es auf einer Bank oder sei es am Boden, kennt der Inder keine Gnade, da wird geschoben, gerempelt, getreten als ginge es ums Überleben. Aber net mit Lisl. „Ja seids es alle narrisch, sehts net dass i do eini wui, ihr hobts wohl koa Augen im Kopf, lauter Narrische“ hör ich es ins Abteil hallen, und dann sehe ich Lisl, die ja doch einen Kopf grösser ist als die meisten Inder, sich durch den Pulk Drückender und Schiebender sich durchzusetzen und zu behaupten. Brav denk ich mir, alte Peisser Schule.
Ja die Fahrt durch den Regen. Da ist mir dann erst das Ausmaß und die schreckliche Konsequenz der Abfallentsorgungspolitik und der Abwasserentsorgungstechnik bewusst geworden. Schon in Almora, wo ja überall diese zerrissenen und von Ratten, Hunden, Kühen, Schweinen zerwühlten Abfallhaufen das Stadtbild prägen wurde mir klar was hier der Regen bedeutet. Er fließt und schießt durch all diese Haufen, wäscht sie aus, vermengt sich mit den Bändern aus Kloake, trägt Geruch und Schmutz und Keime mit sich und spült alles am Ende in den nächsten Bach, der in den nächsten Fluss, um dann außerhalb der Berge in den flachen Überschwemmungsebenen zu Grundwasser und Feldwasser zu werden. Als der Zug dann langsam anrollend Kathgodam verlässt um nahtlos übergehend durch Haldwani zu rollen wird dieser Eindruck noch schlimmer. Zusammen haben diese beiden Schwesternstädte offiziell 670 000 Einwohner, mit den Slumbewohnern die nun an meiner, vom Regen getrübten Scheibe vorbeiziehen, sicher viel viel mehr.  Hier reiht sich Plastiktütenhaus an Papkartonhaus an Wellblech und Bretterverschlag, Kilometer um Kilometer dem Bahngleis folgend und sicher 200 bis 300 Meter breit. Hier gibt es keinen wirklichen Weg, keine Kanalisation, nicht einmal Rinnen durch die nun die Massen aus Regen, entspülten Abfallhaufen und überlaufenden Latrinen sich einen Weg bahnen könnten. Alles fließt überall, ich sehe solche Ströme direkt durch Hütten und Zeltverschläge hindurchlaufen, deren Boden ja eh immer der gestampfte Erdboden ist, sehe dazwischen Familien an offenen Feuerstellen sich irgendetwas kochen, sehe Gruppen von Kindern vergnügt in sich bildenden Pfützen und Seen spielen, Wäsche wird mit dieser Brühe gewaschen und wahrscheinlich auch so mancher Körper. Und wieder irritiert mich die Gelassenheit, die Gleichgültigkeit mit der all dies geschieht, wieder mach ich den Fehler verstehen zu wollen, was nicht zu verstehen ist. Es geht für mich einfach nicht zusammen, dieser Widerspruch zwischen den so hoch und ständig proklamierten Werten dieser Kultur, dieser Religion, und dem was ich hier sehe. Fast jedes Tier ist heilig, das Achten von Leben und Natur ist doch überall in der Philosophie Credo, aber in diesem wichtigen Punkt scheint das alles zu versagen. Glücklich kann sich der schätzen, der ganz oben am Berg wohnt, keiner spült ihm Dreck und Krankheit zu. Und je tiefer du kommst auf so einer Reise umso mehr lässt der einzelne seinen Dreck dem anderen zufließen, wohl wissend, dass er damit dem anderen seine Lebensgrundlage zerstört. In keinem anderen Land dieses Planeten sind so viele Menschen in ihrer Gesundheit in ihrem Leben bedroht durch den Mangel an sauberem Wasser, eigentlich weiß es jeder den ich frage und die verstörende Antwort ist die, dass das immer so war und einfach Gewohnheit die man nicht oder nur schwer ändern könne. Mensch bei den Kühen habt ihr es doch auch geschafft. Auf keiner Autobahn, Schnellstraße, oder sonst wo wird eine Kuh überfahren, oder fast keine, zumindest 1000 mal mehr Menschen als Kühe. Und jede Kuh in jedem Dorf erhält ihr Gnadenbrot, da gibt es sogar gemeindliche Weiden und Ställe dafür. Ich frage mich nur nach der gleichen inbrünstigen Achtung vor dem nächsten Menschen, aber vielleicht habe ich das mit dem Karma immer noch nicht richtig verstanden. Oder ich habe zumindest immer noch kein wirkliches Argument gefunden dass das nicht änderbar sein sollte.
Der Rest der Fahrt dann ohne weitere größere Absonderlichkeiten, die Landschaften fliegen vorbei an den sehr dunkel gefärbten Fenstern, uns fliegt die Müdigkeit zu, sind ja schon 14 Stunden unterwegs und so erreichen wir im Dunkel der Nacht Delhi. Noch einmal eineinhalb Stunden Taxi, dann haben wir unser Hotel mit dem großspurigen Namen STAR-PLAZA erreicht, in einer verwinkelten Seitengasse mit Basarcharakter. Eine Kleinigkeit essen und dann schlafen. Am Nächsten Morgen Frühstück auf dem Dach des Hotels, tolle Aussicht aber schon morgens um 8H drückende Schwüle. Dort oben wird mir klar warum Delhi die Hauptstad der Adler genannt werden sollte. Dutzende Adler kreisen majestätisch über uns, immer wieder neue Formationen, 30, 40, und blickt man bis zum dunstigen smoggigen Horizont wahrscheinlich tausende über dieser 15 Millionen Stadt. Immer wieder stürzt sich einer nach unten, erbeutet in verwinkelten Gassen eine Ratte oder plündert einen der einfach auch in Delhi üblichen Müllhaufen. Auf der Rückfahrt, diesmal wieder mit Taxi ging es an einem kilometerlangen und vielleicht 50 bis 60 Meter hohem Müllberg vorbei, allein über diesem Müllberg kreisten hunderte majestätischer Adler, im Kampf mit Hunderten von Krähen und am Boden sicher im Kampf mit tausenden Ratten und Meuten von wilden Hunden:

Beim Frühstück auf dem Dach Schwärme der üblichen Krähen, Papageien gleiten vorbei, Spatzen picken um uns herum Reste des Frühstücks, Ein Mann von einem Dach gegenüber lässt ca. 30 weiß Tauben aus ihren Käfigen oben am Dach aufsteigen zum morgendlichen Flug. Eine halbe Stunde später kommen sie wie auf Kommando zurück, er dirigiert sie mit einer langen Stange zurück in ihre Käfige, nur eine hat noch keine Lust und kommt brav nach einer Stunde zurück.

Viel unternommen haben wir in Delhi nicht. Zu heiß, zu drückend die Schwüle, der Besuch bei der Botschaftsfirma für Hanish`s Visum ein wenig stur bürokratisch, er muss nochmals hin in 10 Tagen, dann Besuch des Lotus-Tempels. Ich misstraue dem Hinweis des Taxifahrers, nur 150 Meter zu gehen und bleib im Taxi sitzen. Lisl wagts und kommt nach eineinhalb Stunden völlig erschöpft zurück, wirklich fertig und am Ende. War halt viel weiter und viele Treppen und das bei 37 Grad im Schatten, der Weg aber voll in der Sonne. Danach Besuch eines Touristenbasars, ich lass mich mit Tee verwöhnen und warte bis Lisl eingekauft hat. Hunger führt uns zu einem Lokal „Red Onion“, besser gesagt der Taxler führt uns da hin, kriegt wie üblich und wie schon im Basar zuvor Provision. Mich trifft der Schlag, steile Treppe hoch, bin doch fertig von der Hitze. One Floor only  lächelt der Besitzer, aber der erste Stock hat leider 37 Stufen. Das Essen ist gut, aber das teuerste bisher in Indien, 3 mal mehr als sonst, zwar immer noch billig für uns, meine Hauptspeise 4€, aber zumindest recht gut. Erschöpft geht’s weiter im Taxi, wir haben es schließlich für 8 Stunden pauschal für 20 € gebucht. Aussteigen wollen wir nicht mehr viel, nur anschauen im Vorbeifahren, und s fliegen ein paar schöne Tempel an uns vorbei, wir fahren kilometerlang durch von riesigen Bäumen beschattete Prachtalleen in denen die Luxushotels dieser Stadt liegen, The Oberoj, Le Merridien, Hilton, Crown Plaza, The Shangrila Plaza, The Taj Mahall. wir fahren durch schattige breite Strassen die beidseits gesäumt sind von den Villen der wirklich Reichen, ach was heißt Villen, eher Schlössern in riesigen parkähnlichen Grundstücken, da sind die Häuser der Bediensteten schon Villen. Hier erstmals nirgends Abfallhaufen, kein Dreck und Gestank und meine Gedanken gehen zurück zur Gleissiedlung in Kathgodam-Haldwani. Letzte Station das imponierende Gate of India, um das herum ein riesiger Park angelegt ist, und von dem aus eine unglaublich breite nicht enden wollende Prachtstraße quer durch New Delhi führt. Imposant, Siegestor nur 3 bis viermal so hoch.

Um das Tor und in den Parkanlagen tummeln sich tausende Delhianer im Licht der untergehenden Sonne, auch hier alles sauber, gepflegt. Touristen und Inder in fröhlichem Miteinander, am Parkplatz der Taxis ein buntes Gemisch fliegender Händler, Wahrsagerinnen, Zigeunerinnen aus Rajastan, Schmuckverkäuferinnen mit Elfenbeinschmuck aus Kunststoff gestanzt, Silberne Armreife aus was weiß ich, kleine Mädchen die Freundschaftsbänder mit direkt eingeflochtenen Buchstaben verkaufen, 1,5 Eurocent pro Buchstaben. Hab eines gekauft mit JOHANNA.
Im Hotel dann noch eine Kleinigkeit Essen, früh schlafen, Lisl Muss um sechs zum Flughafen und ich hab mir ein Taxi bestellt zu einem irren Preis für diese Strecke zurück in die Berge.
Aufregende Fahrt zurück in die Ruhe. Vater und Sohn als Driver. in Delhi fuhr Sohn wie Vettel.  dann Papa wie Schuhmacher, nee eher wie der indische Formel 1 Fahrer, bei dem keiner weiß wo die Lizenz herkommt.. Überall gnadenlos durch. Ein Radler schoss lieber über die Böschung, ein Biker auch lieber auf die Böschung. Das Auto war klein und klapprig, aber die Hupe trotz Dauereinsatz unverwüstlich. Leider nur die Hupe, denn nach der Autobahn fiel die Klimaanlage aus, bei 40 Grad. In Orten wie Haldwani etc. klappte er immer Außenspiegel an und dann durch, rechts und links. hatte noch nie so viel Gegenverkehr auf der Autobahn wie diesmal. Radler, Ochsenkarren, Buße, LKW`s, er meinte thats india, different rules. Er macht es  mal auch so, nimmt lieber die andere Fahrbahn, lächelt: faster Line. Ab Haldwani schwächelt er aber zusehends. es wird neblig in den Bergen, seine Kurventechnik miserabel, immer zu früh oder zu spät, immer übersteuernd, Drift im falschen Moment, Bankett liebt er und auch immer das tiefste Loch zum reinkrachen. Ab Bami-Tal (dem so schrecklich verschmutzten See) wird seine Miene immer finsterer, wollte längst am Ziel sein. hat die Strecke verkalkuliert, daher der Superpreis. ab Almora Chaos, verfahren, verirrt, 5 mal fragen, mit Keshar telefonieren, umdrehen, weiter driften und übersteuern. ah ja ab den Bergen lässt der Keilriemen nach, ab da auch die Zugkraft, ein Gesang wie 1000 Grillen übertönt nun 4 Stunden lang den Motor, das Klappern, das Hupen. 

Aber immerhin in 10,5 Stunden eco-camp erreicht. Das war am Ende noch mal Härtetest durch den Wald und Schlamm hoch, fast nicht geschafft, Raju und der Süße dirigieren ihn dann nach hinten, war fast unmöglich, da es die 3 Delhi Tage ununterbrochen geregnet hat. Ganz hinten da wo Tal wohnte hat er umgedreht, aber im Schlamm ist er dann wie ein Schlitten fast nach links den Abhang runter, beim Versuch zum Cottage hochzukommen Frontschürze verloren, Kotflügel eingedellt an einer Mauer, das Schieben aller zwecklos, fest im Schlamm und mit Schweiß auf der Stirn zurück zum Parkplatz an der großen Treppe.

Oben haben wir dann am Freisitz gegessen, Raju hat gefragt how Elisa, how Hanish? Nach dem Essen ist der Fahrer wieder gelassener, sagt er will mich wieder holen nach Delhi. Die beiden fuhren dann gleich los, noch mal 11 Stunden zurück nach Delhi. ob sie es mit dem Wagen noch schafften, wer weiß und ob ich mit der Bandscheiben Maschine noch mal will, wer weiß?
Ich bin mit Kreuzschmerzen in die Falle, ausschlafen, ausschlafen und kein Schlagloch mehr, bitte und auch kein Hupen, nur schlafen.

Das Schleifen des Keilriemens bleibt noch eine Weile, oder sind es die Grillen?? Und Dann aufwachen, mit diesem Bild:



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